Spontane Hasstiraden
(un)durchdachte Liebeslieder
Gegen die AfD wählen?
Categories: Krautgesänge

Es ist nicht weg zu ignorieren: die Landtagswahlen stehen vor der Tür. Glaubt mir, ich habe es versucht. Mit der bevorstehenden Wahl scheint meine FB Freundesliste aber völlig wahnsinnig zu werden, so wurde das zu einem Ding der Unmöglichkeit. Über die letzten Wochen häuften sich endlos haarstäubende Posts darüber, wie Nichtwähler Schuld an allem Übel sind und Aufrufe dem „gesellschaftlichen Rechtsruck“  entgegen zu treten in dem man „gegen die AfD“ wählt. Plötzlich rufen Anarchisten dazu auf, Parteien dazu zu ermächtigen Herrschaft aus zu üben. Die Welt steht Kopf.

Gegen die AfD wählen.

Wie soll denn das gehen? Gibt es da so ein extra Feld „gegen die AfD“ auf dem Stimmzettel? Wird wenn man das dann ankreuzt etwa eine Stimme für die AfD wieder abgezogen? Gibt’s dieses Feld vielleicht auch für andere Parteien? Nein, jetzt mal ernsthaft, ich weiß schon wie ihr das meint. Und eure alten Mathelehrer wären sicherlich sehr stolz zu sehen, wie gut ihr euch ausgerechnet habt, dass die AfD eine geringere Chance hat in den Landtag zu gelangen wenn mehr Leute andere Parteien wählen. Ich geb euch ein Sternchen für die Mühe, aber die Rechnung geht nicht auf. Und das hat recht einfache Gründe.

Erstmal stellt sich mir ganz prinzipiell die Frage, was denn ein Kreuzchen auf einem Zettel gegen einen „gesellschaftlichen Rechtsruck“ aussetzen kann. Ich habe das bisher so verstanden, dass der Landtag sich aus den Parteien zusammensetzt, die von der wählenden Bevölkerung an die Macht gewählt werden. In gewisser Weise ist die Zusammensetzung des Landtags also ein Abbild dessen, was diejenigen die wählen gehen für richtig halten. Das kann man aber doch nicht einfach umdrehen. Ein „gesellschaftlicher Rechtsruck“ wäre doch ein in einer Gesellschaft auffindbares Phänomen, welches aus der politischen Einstellung großer Teile dieser Gesellschaft resultiert. Sowas verschwindet doch nicht dadurch, dass sich Leute die das sonst nicht tun würden zur Wahl bequemen. Angenommen ganz viele Menschen die sonst nicht wählen würden, würden jetzt aus Prinzip irgendetwas außer AfD wählen. Klar, im Verhältnis hätte die AfD weniger Stimmen. ABER, dadurch hat sie doch keinen reellen Verlust von Befürwortern. Dadurch, dass du dein Kreuz bei einer anderen Partei machst, gibt es nicht weniger Rechte/Nazis/Konservative als vorher. Gegen einen „gesellschaftlichen Rechtsruck“ ist somit nichts getan. Nur dessen Repräsentation im Landtag abgeschwächt. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, ist es dem Flüchtling (um den sich die Debatte wenn es um die AfD geht nun mal meistens dreht) doch egal, ob er von Rot/Grün oder der AfD abgeschoben wird.

Dieser Begriff „Rechtsruck“ liegt mir auch schwer im Magen. Da wird so getan als wäre das was Neues. Die Leute sind aber doch nicht mit der Gründung der AfD plötzlich Rechts geworden. Die ist doch so erfolgreich, weil das was sie propagiert bei den Leuten ankommt. Weil sie entweder das sagen was sich die Leute eh schon denken, oder weil es ihnen einleuchtet. Wer gute Gründe hat warum er NICHT das teilt was die sagen, der teilt das auch nicht plötzlich. Übrigens noch sowas gegen das so ein Kreuzchen nichts ausrichten kann. Da wäre es vielleicht sinniger sich ein paar Argumente zu überlegen, statt ein Kreuzchen zu machen. Und da haben wir doch schon einen Grund, warum man nicht „gegen die AfD (bzw. gegen das wofür sie steht) wählen“  kann. Politische Einstellungen innerhalb der Bevölkerung sind nicht abwählbar.

iz

 

Den nächsten Grund warum diese Rechnung mit dem „dagegen wählen“ nicht aufgeht, habe ich schon mit der kleinen Polemik mit dem extra Feld auf dem Stimmzettel angerissen. In einer demokratischen Wahl wählt man eben etwas, nicht gegen etwas. Die demokratische Wahl ermächtigt/legitimiert die darauf folgende Zusammensetzung der (Landes)Regierung. Die Wähler geben ihre Stimmen an Parteien, welche dadurch befähigt sind in der Regierung Entscheidungen zu treffen. Eine Partei zu nicht-legitimieren geht nicht. Mit dem Akt des Wählens ist schließlich nicht nur die Partei welche man ankreuzt, sondern die Zusammensetzung der Regierung (wie auch immer sie ausfallen mag) legitimiert. So funktioniert eine demokratische Wahl nun mal. Zu demokratischen Wahlen allgemein habe ich in Bezug auf die Bundestagswahl 2013 schon mal was geschrieben. Das könnt ihr euch ja gerne auch durchlesen. Aber jetzt mal hier weiter. Fassen wir zusammen: die Option „dagegen Wählen“ gibt es einfach nicht. Man wählt immer für etwas, die Teilnahme an der Wahl legitimiert das Ergebnis.

Dem Aufruf „gegen AfD“ zu wählen, liegt die Einstellung zu Grunde, dass Nichtwähler dafür verantwortliche seien, wenn die AfD Einzug in den Landtag hält. Nur nicht als Vorwurf formuliert, sondern als Aufruf nicht einer jener zu sein, die für das Erstarken einer rechten Partei verantwortlich sind. Allerdings sind dafür, nicht die Nichtwähler verantwortlich, sondern einzig und alleine diejenigen die diese rechten Parteien wählen. Wer nicht wählt hat sich im Gegensatz zu allen anderen (aus welchen Gründen auch immer) dafür entschieden KEINE Partei (AfD und NPD eingeschlossen) zum Regieren zu ermächtigen. Wenn jemand keine Lust hat etwas anderes zu wählen was er scheiße findet, nur weil es nicht die AfD ist, dann ist die einzige Aussage die man daraus ableiten kann „der hat halt nicht gewählt“. Und nicht „indirekt hat der AfD gewählt“. Ausgeweitet auf alle Kleinstparteien ist das Prinzip übrigens genauso falsch. Nichtwähler stärken genauso wenig „alle Kleinparteien“ wie sie die AfD stärken. Ich sag es nochmal: weil sie (oft ganz bewusst) KEINE Partei stärken.

Und jetzt wäre ich schon bei dem letzten Punkt angekommen der mich nervt. Diese ständige Spekulation, dass mehr Wähler im Verhältnis weniger Stimmen für die AfD bedeuten. Das könnt ihr doch gar nicht wissen. Es gibt doch keine gar keine Grundlage für so eine Annahme. Und mehr gibt’s dazu auch gar nicht zu sagen.

 

So, und jetzt geht halt am Sonntag wählen, oder lasst es. Ist mir egal solange ihr dabei nicht denkt, dass ihr irgendetwas tut, außer die Legimitation für die Regierung die dabei rauskommt zu schaffen.

 

 

 

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